My name is Mutter, Raben Mutter

Ja, ich bin sie. Die Leibhaftige. Die, die ihr Kind zugunsten ihrer Arbeit vernachlässigt. Eine Rabenmutter eben.

Als wir dieses Magazin online schalteten war mir in keinster Weise bewusst, wie weit ich die gemeinhin als Rabenmutter bekannte Frau verkörpere. Mir war zwar klar, dass ich auf der Kippe stand, diese Woche habe ich die Grenze jedoch definitiv überschritten.

An vier von fünf Arbeitstagen habe ich mein Kind auswärts gegeben. Krippe, Grossmutter 1, Grossmutter 2, sogar der Grossvater musste einrücken! Hin- und hergeschoben muss sich der Kleine fühlen, von seiner Mutter vernachlässigt!

Als er gestern auch noch bemerkte „Dä Papi hät mich abgholt, nöd du!“ wollte ich schon zu den AR, den Anonymen Rabenmüttern (Gibt’s die? Wenn nicht, gründe ich demnächst eine Selbsthilfegruppe.).

Und das schlimmste ist, ich bin ja selber schuld! Finanziell gesehen ist mein Lohn keine Notwendigkeit in unserem Haushalt. Einerseits, weil ich zu wenig verdiene, andererseits, weil mein Mann genug für die ganze Familie nach Hause bringt. Aber ich wollte ja unbedingt meine grauen Zellen wiedermal auf Vordermann bringen. Das habe ich jetzt davon. Innerhalb von zwei Monaten zwei Jobs und dieses Magazin. Das frisst Zeit. Und die fehlt mir dann mit meinem Kind.

„Wofür hat sie denn ein Kind, wenn sie sich danach nicht drum kümmert?“, fragen sich vielleicht einige Leserinnen. Soll ich es euch sagen? Weil es einfach richtig saumässig Spass macht! Ich liebe meinen Job und fühle mich sehr privilegiert, einer Arbeit nachgehen zu dürfen, die ich gerne mache. Auch wenn ich dabei zeitweise meine Familie vernachlässige. Mein Mann findet das übrigens total o.k., da er so Gelegenheit hat, mehr Zeit mit dem Junior zu verbringen. Aber mein Mann ist auch der Beste, hatte ich das schon erwähnt?

Hinzu kommt, dass ich nicht alle, aber viele Einladungen zum Essen, ins Kino, go Käfele etc. trotz meines schlechten Gewissens wahrnehme. Schliesslich möchte ich nicht einsam sterben.

Beruhigend war es aber trotzdem, als mein Kleiner heute morgen meinte: „Gäll, wänn dä Grossvater da isch, gahsch du dänn, gäll!?“ Oder sollte ich mir Sorgen machen?

Kleiner Buchtipp für Rabenmütter:


Das Handbuch für Rabenmütter.
von Kate Long und Isabel Bogdan

Charlotte, ihre Mutter Karen und ihre Großmutter Nan wohnen in einem kleinen Haus in einer englischen Kleinstadt. Die drei versuchen, das Beste aus ihrem Leben zu machen, und das scheint manchmal verdammt schwer. Wie erklärt man seiner Mutter, dass ein geplatztes Kondom alle Träume, die sie für ihre Tochter hatte, zunichte gemacht hat? Und wie hält man seine Oma davon ab, den Englischaufsatz in den Toaster zu stecken? Ein turbulentes Jahr lang geht es im Leben der drei drunter und drüber, bis sie begreifen, dass Liebe viele Formen hat - und dass man mit 33 nicht zu jung ist, um Großmutter zu werden, oder zu alt, um es noch einmal wissen zu wollen ...


Wie vereinbart ihr Arbeit, freizeit und Kinder mit eurem Gewissen? Diskutiert mit auf rabenmuetter.blogspot.com/!

Buchtipp: Die Wachsflügelfrau

Kein neues, aber ein immer noch sehr beeindruckendes Buch der Autorin von "Anna Göldi, letzte Hexe" über die erste Schweizer Juristin.

Frauen zwischen Boss und Baby

Laut einem OECD-Vergleich haben es berufstätige Frauen in der Schweiz schwer. Das wussten wir zwar schon, interessant ist es aber trotzdem.